Ausritte: Nina und Kate

Kate
Kate führte Grannox auf den Hof und zog dort die Steigbügel runter. Sie legte die Zügel wieder über den Hals des Pferdes und gurtete ein weiteres Mal nach. Dann setzte sie einen Fuß in die Steigbügel und schwang sich in die Sattel. Genau in diesem Moment kam Nina mit Golden Star um die Ecke. Er war ein hübscher, heller Fuchs und hatte einen kleinen Stern auf der Stirn. Sein Fell glänzte leicht im Licht der Sonne. "Wow, nicht schlecht dein Pferd", sagte Kate und lächelte leicht. Grannox spitzte aufmerksam die Ohren und sah zu dem anderen uchs hinüber.

Nina
"Ja finde ich auch", sagte Nina und überlegte, ob das nicht ein bisschen angeberisch klang. "Ich bin so froh, dass ich ihn habe. Es war wirklich Liebe auf den ersten Blick. Wir verstehen uns prima. Aber Grannox ist auch ein wunderschönes Pferd. Ihr seht richtig Klasse zusammen aus." Nina kam neben Kate zum stehen und zog den Sattelurt nach. Normalerweise blähte Golden Star sich dabei auf, aber heute war er viel zu neugierig auf die unbekannte Umgebung.
Nina saß auf. "Dann kanns ja losgehen", meinte sie. Sie brauchte Golden Star fast keine Hilfen zu geben, er ging schon von alleine los.

Kate
Zusammen ritten die zwei vom Hof. In den letzten Tagen hatte es nachmittags immer geregnet, aber heute war dies anders. Der Himmel war zwar bewölkt, aber es blieb trotzdem trocken.
Grannox spielte neugierig mit den Ohren und betrachtete die Umgebung. Er war ein sehr aufmerksames Pferd. "Es ist wunderschön hier", bemerkte Kate. Sie nahm die Zügel etwas auf, und versuchte auf diese Art Grannox etwas zu bremsen. Der Fuchs legte ein ganz schön hohes Tempo an. "Langsam mein Süßer", sagte Kate leise. Grannox drehte seine Ohren zu ihr und wurde tatsächlich für einige Sekunden etwas langsamer, aber dies hielt nicht lange an.

Nina
Beigeistert davon, dass er nicht der einzige war, der schneller laufen wollte, legte Golden Star gleich einen Zahn zu um mit Grannox Schritt zuhalten. Jetzt probierten Kate und Nina beide, ihre Pferde zurückzuhalten, die sich gegenseitig antrieben. Nina zog etwas an den Zügeln, um Golden Star auszubremsen, was aber nur für einige Sekunden etwas bewirkte. "Langsam", sagte sie in einem ernsten Tonfall und kam damit bei ihrem Pferd besser an.
Es war wirklich eine wunderschöne Umgebung, auch wenn die Sonne nicht schien. "Na dann sind wir hier ja im richtigen Internat gelandet!"

Kate
Kate lächelte. "Ja, das sind wir wohl", sagte sie nachdenklich. Sie war glücklich hier zu sein. Nina war wirklich nett und auch alle anderen Bewohner des Internates schienen freundlich zu sein.
"Wollen wir vielleicht ein Stück traben", fragte Kate, die immer noch damit beschäftigt war Grannox in einem vernünftigem Mittelschritt laufen zu lassen.
Sie hatten das Internat bereits weit hinter sich gelassen und ritten nun die Wege durch die Wiesen, die rund um das Internat lagen, entlang. Noch immer bedeckten graue Wolken den Himmel.

Nina
"Gerne. Ich glaube Goldi ist schon ganz scharf auf ein bisschen Action. Er hat ja außerdem die lange Autofahrt gestern hinter sich", antwortete Nina.
Sie war wirklich glücklich hier zu sein. Ihr gefiel das Internat, die Landschaft und vor allem so nette Leute wie Kate. Hier in den Feldern war es schön ruhig und friedlich, anders als das Internat.
"Ich bin wirklich gerne hier."

Kate
Kaum hatte Nina ihr zugestimmt, gab Kate Grannox auf schon die Hilfe zum Trab. Schwungvoll und leichtfüßig trabte der Fuchs an. Er senkte den Kopf leicht. Kate trabte leicht, wie man es im Gelände immer tat. Das aussitzen war bei Grannox eh nicht so bequem, da er einen im Trab ganz schön aus dem Sattel warf. Aber der Galopp dagegen war wieder butterweich.
"Wie findest du denn die Lehrer so?", fragte Kate, sich zu Nina umdrehend. Sie trabte mittlerweile auch, befand sich aber noch hinter ihr, da sie selbst als erstes angetrabt war. "Ich finde sie eigentlich alle ganz ok. An unserer Schule waren sie auf jeden Fall damals nicht besser", fügte sie hinzu.

Nina
Freudig trabte Golden Star an. Nina hatte Mühe ihn zurückzuhalten, schaffte es aber doch recht gut, zumal Grannox auch ein ziemlich schwungvolles Tempo anschlug.
"Also an meiner alten Schule gab es viel schlimmere Lehrer. am schlimmsten finde ich Lehrer, die nicht erklären können und bei denen man nichts lernt. Wir brauchen den Stoff schließlich später fürs Abi. Und bei unseren Lehrern jetzt lernt man wirklich etwas, auch wenn einige ziemlich streng sind. Meine Eltern haben michh auch nur unter der Bedingung, dass die Schule nicht leidet auf dieses Internat geschickt. Da muss ich mich ziemlich anstrengen!" Nina musste bei dem letzten Satz grinsen. Mit dem Lernen hatte sie nie Probleme, nur mit Fächern, wo man ein Gefühl für etwas brauchte oder es nur ums Verstehen ging.

Kate
Kates Eltern sahen dieses genauso wie Ninas. Kate war eigentlich ziemlich gut in der Schule. Nur Mathe hatte sie noch nie gekonnt. Sie hasste dieses Fach wie die Pest. Aber zum Glück hatte sie, wenn es mal wirklich hart kam, immer ein anderes fach, mit dem sie die schlechte Mathenote ausgleichen konnte. Auch Biologie war noch nie so ohre Stärke gewesen. Aber da schaffte sie es meistens noch auf die 3-, weil sie im mündlcihen eigentlich in allen Fächern gut war. Sie war zwar niemand der besonders hilfreiche Beiträge abgab, aber sie redete gern und setzte diese Eigenschaft auch im Unterricht ein.
Grannox begann langsam sich zu entspannen. Der Fuchs senkte seinen Hals und begann genüsslich auf dem Gebiss zu kauen. Wenn Kate etwas sagte, stellte er seine Ohren immer aufmerksam in ihre Richtung. Es war wirklich schön hier. Mit den beiden Trakehnern ihrer Mutter hatte Kate nie besonders gut ausreiten können. Die Stute, die erst vor einigen Monaten eingeritten worden war, konnte noch nicht im Gelände gehen, weil sie noch zu schreckhaft war und mit dem braunen Wallach war sie auch nicht oft draußen, weil es keine so schönen Wege gab, um auszureiten. Mit ihm war sie eher gesprungen. Sie hatte sogar an einigen kleineren Turnieren mit ihm teilgenommen.
"Bist du mit Golden Star eigentlich schon Turniere geritten?", fragte Kate und versuchte dabei nicht so neugierig zu klingen, wie sie es manchmal tat. Aber sie interessierte sich nunmal für Wettkämpfe. Sie war im Reitsport sehr ehrgeizig und nahm gerne an kleinen Prüfungen teil, in denen sie ihr Können unter Beweiß stellen konnte. Sie hoffte auch mit Grannox mehr oder weniger erfolgreich zu werden.

Nina
"Nein, eigentlich noch nie", antwortete Nina "Ich bin nur einmal bei einer Show von unserer Reitschule mitgeritten. Und ganz früher bin ich manchmal auf Schulpferden bei vereinsinternen Anfängerturnieren mitgeritten. Aber da war ich noch nicht so gut. Ich habe Golden Star noch gar nicht so lange. Eigentlich war es mehr ein Zufall, dass in meinem alten Reitstall gerade eine Box freigeworden war und meine Reitlehrerin meine Eltern überredet hat, mir ein Pferd zu kaufen. Eigentlich hätten sie es lieber gehabt, wenn ich weiter Flöte gespielt hätte, aber schließlich überließen sie die Entscheidung dann doch mir. Es grenzt schon an ein Wunder, dass sie mir ein eigenes Pferd überhaupt erlaubt hatten. Normalerweise hatten sie nie viel für mein Hobby über gehabt. Aber ich war sonst immer ganz vorbildlich und hab für die Schule gelernt und Mama im Haushalt geholfen."
Nina dachte an die Zeiten zurück, in denen sie noch kein Pferd gehabt hatte und nur einmal die Woche auf einem Schulpferd geritten war. Ich bin so froh, dass ich dich jetzt habe, Goldi!, dachte sie. Der Fuchs trabte geduldig neben Grannox und begutachtete aufmerksam seine neue Umgebung.
"Ich bin so froh, dass ich Goldi jetzt habe. Ohne ihn würde ich gar nicht mehr auskommen. Es war wirklich Liebe auf den ersten Blick, als ich ihn gekauft habe."

Grannox hatte sich derweil beruhigt und trabte flüssig voran. Er spielte aufmerksam mit den Ohren. Er erinnerte Kate irgendwie an ihre frühere Reitbeteidigung. Grannox war keines dieser Pferde, die sich alles gefallen ließen, wie zum Beispiel Schulpferde es waren. Er hatte schon seinen eigenen Kopf und war auch ziemlich temperamentvoll. Aber bis jetzt hatte Kate dies noch keine Probleme bereitet. Als sie ihn zuvor einige Male auf dem Reitplatz geritten war, hatte es auch immer ganz gut mit den beiden geklappt. Auch die kleinen Sprünge, die Kate schon gewagt hatte, waren kein Reinfall gewesen, obwohl sie wohl doch noch verbesserungswürdig waren.
"Meine Eltern sind geschieden. Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen. Sie hat den Umgang mit Pferden auch schon immer geliebt. Daher besaßen wir auch zwei Trakehner. Mit denen habe ich oft an Turnieren teilgenommen. Auf jeden Fall mit dem Wallach. Die Stute ist noch ziemlich jung und kann noch nicht so intensiv geritten werden. Der Abschied von den beiden fiel mir schon ganz schön schwer", erzählte Kate. Aber mit Grannox hatte sie sich mittlerweile auch schon gut angefreundet. Sie mochte den Wallach.

Golden Star hatte sich doch erstaunlich schnell daran gewühnt, nicht jeden Stein zu kennen. Nina war froh über diese Entwicklung. Sie erinnerte sich an ein Schulpferd, dass einmal total durchgedreht war, nur weil sie einmal einen anderen Weg geritten war. Ok, Black Spirit ist dann auch nicht sehr lange in der Reitschule geblieben., dachte Nina. Sie bedauerte, dass Schulpferde immer so erzogen waren, dass sie immer das taten, was man von ihnen verlangte. Für Anfänger war das vielleicht gut, aber Nina mochte Pferde mit etwas eigenem Charakter und Individualität viel lieber. Nicht, dass Schulpferde alle gleich waren, aber das Reiten war etwas langweilig.
Nina war ziemlich in Gedanken versunken gewesen und versuchte nun, den Faden des Gesprächs wieder aufzunehmen. "Ich wünschte, ich hätte auch so eine pferdebegeisterte Mutter. Dann müsste ich nicht immer den weiten Weg zur Reitschule mit dem Fahrrad fahren oder meine Mutter sonntags zu überreden mich zu einer Pferdeshow oder einem Turnier fahren zu lassen. Naja, kann man halt nichts dran ändern. Es ist ja bestimmt auch nicht besonders schön, wenn die Eltern geschieden sind."
Die Pferde hielten immer noch das schnelle Tempo, dass sie gleich zu Beginn angeschlagen hatten. Nina hatte nichts dagegen einzuwenden. Sollten sie sich doch austoben.

Vor ihnen erstreckte sich nun eine weite, brach liegende Wiese. Sie lud gerade so zum galoppieren ein. Dies schien auch Grannox so zu empfinden. Augenblicklich legte er an Tempo zu. Einen Augenblick versuchte Kate ihn zurückzuhalten, doch dann gab sie ihm die Zügel etwas hin und ließ ihn angoloppieren. Nina hatte hoffentlich nichts dagegen. Kate ging in den leichten Sitz. Sie spürte, wie der Wind durch ihr Haare wehte und sie im Gesicht stach. Doch er war angenehm warm.
"Na ja, es ist auch nicht so toll, wenn die du nie in Ruhe reiten kannst, weil deine Mutter immer neben dir steht und dir irgendwelche Tips gibt. Am schlimmsten ist das bei Turnieren. Sie stand immer am Rand und hat mir irgendwas zugerufen, wenn ich vorbeigeritten bin. Man war das peinlich", rief Kate Nina über die Schulter zu. "Aber da shat ja jetzt hier ein Ende" Ein Lächeln zog sich über ihre Lippen. Aber sie vermisste ihre Mutter schon irgendwie. Ihre Fürsorge fehlte ihr.

Der Galopp war eine sehr gute Idee gewesen. Nina brauchte Golden Star gar keine Hilfen zu geben. Er raste gleich hinter Grannox her. Die beiden Pferde genossen die Abwechslung, alsob sie nur auf diesen Moment gewartet hatten. Auch Nina genoss es. Sie liebte es, wenn ihr die Haare um die Ohren flatterten und sie die energischen, aber sanften Bewegungen von Golden Star unter sich spürte.
Einige Minuten sagte keiner etwas, beide genossen den Galopp. Schließlich meinte Nina: "Meiner Mutter könnte wahrscheinlich ein bisschen mehr Interesse an meinem Hobby nichts schaden." Dabei musste sie grinsen. Wie es ihren Eltern wohl in Shanghai ging? Bis jetzt hatten sie noch kein Ferngespräch bekommen können. Normalerweise hatte Nina selten Heimweh, aber so lange war sie noch nie von ihren Eltern getrennt gewesen. Nina wundertesich, dass ihr Heimweh relativ mager ausgefallen war. Natürlich liebte sie ihre Eltern trotzdem, Nina war leicht geschockt. Schließlich einigte sie sich mit ihrem Gewissen darauf, dass Golden Star ihr geholfen hatte, sich hier einzuleben.

Kate lehnte sich weit im Sattel nach vorne und trieb Grannox energisch vorwärts. Übermütig buckelte der Fuchs einmal. Im ersten Moment erschrak Kate, doch dann musste sie lachen. Dem Pferd machte das galoppieren vermutlich genauso viel Spaß wie ihr selbst.
"Das stimmt wohl", erwiderte Kate auf Ninas Frage. Sie selbst hatte keine genaue Vorstellung davon, wie es sein konnte, wenn die Eltern dieses Hobby nicht unterstützten.
Das sie kamen langsam ans Ende der Wiese. Kate parierte Grannox durch. Der Hengst ging nur widerwillig in den Trab zuruck. Vor ihnen lag nun eine asphaltierte Straße. Hier konnten sie nicht weitertraben. Grannox war zwar beschlagen, aber Kate wollte ihrem Pferd dies nicht zumuten. Also ging sie in den Schritt über. Die Straße war nicht vielbefahren, daher konnten die Mädchen sie problemlos überqueren. Auf der anderen Seite ritt Kate Grannox auf den Grünstreifen. Bis zum Internat war es jetzt nicht mehr weit. Grannox hatte ganz schön geschwitzt. Daher war es wohl gut, dass sie sich jetzt auf den Heimweg machten.

Schon kamen die ersten Häuser in Sicht. Das Internat lag etwas abseits der kleinen Stadt, obwohl es eigentlich das wichtigste Element der Stadt war. Nur wegen dem Internat hatten sich hier so viele Geschäfte angesiedelt. Immerhin machten Läden wie New Yorker oder Pimkie dank der Internats Rekordumsätze.
Obwohl es schon Abend war, war es noch angenehm warm, als Nina und Kate das Internat erreichten. Die beiden brachten die Pferde in den Stall und gingen danach zum Abendessen.